Grünewald in PommernErnst Mielke 1931 - 2016 |
Bei unserer gemeinsamen Heimatreise vom 19.07. bis 25.07.1997 wurde ein Gespräch mit dem Schuldirektor der Grünewalder Schule, Herrn Henryk Catewicz, über die Erhaltung des Friedhofes in Grünewald geführt. Herr Catewicz teilte uns mit, daß der Friedhof für uns erhalten bleibt, dieser sogar unter „Naturdenkmal“ gestellt ist oder gestellt werden soll.
Unserer Bitte, einige Aufräumarbeiten (Sträucher im Eingangsbereich, auf dem Hauptweg und dem Gräberfeld entfernen) sowie umgefallene Grabkreuze aufrichten zu dürfen, stimmte er zu. Er bot uns sogar Unterstützung für diese Arbeiten an.
In Gesprächen mit vielen Heimatfreunden fanden sich dann fünf Personen bereit, den Friedhof aufzuräumen.
Im Frühjahr 1998, am 22. April, konnten wir dann mit unserer Arbeit beginnen. Erfreut waren wir darüber, daß die polnische Gemeinde zuvor schon viel Wildwuchs beseitigt hatte. Das wahre Ausmaß der Verwüstungen war dadurch erst richtig erkennbar. Von starkem Willen und Tatkraft getragen, richteten wir die umgefallenen Grabkreuze und Gedenksteine auf, buddelten nach zerschlagenen Glas- und Porzellantafeln und registrierten die Daten der Beerdigten.
Nach vier anstrengenden Arbeitstagen hatten wir den Friedhof in einen vorzeigbaren Zustand gebracht. Für den unermüdlichen Arbeitseinsatz auf dem Friedhof danke ich Irma Scheffler geb. Mielke), Gerhard Abraham †, Jürgen Abraham und Horst Beduhn † 2013.
Ein deutscher Friedhof nach 53 Jahren - der ausführliche Bericht
Bei unserer gemeinsamen Heimatreise im Juli 1997 führte ich mit dem Schuldirektor der Grünewalder Schule, Herrn Henryk Catewicz, ein Gespräch über die Erhaltung des Friedhofes in Grünewald. Auf die Bitte, einige Aufräumarbeiten auf dem Friedhof verrichten zu dürfen, bot er sogar personelle und materielle Unterstützung für diese Arbeiten an.
In den Heimatnachrichten für Grünewald und Burghof, Ausgabe 1 vom Dezember 1997, wurden die geplanten Arbeiten ausführlich dargestellt und zur Mitarbeit aufgerufen. Außer mir meldeten sich noch spontan Irma Scheffler, geb. Mielke, Horst Beduhn, Gerhard Abraham und Jürgen Abraham. Absicht, Umfang und Zeitplan teilte ich dem Schuldirektor mit und hatte endlich am 21. März 1998 die gewünschte Antwort, daß wir mit den Arbeiten beginnen können in Händen. Jetzt waren Absprachen innerhalb des Arbeitsteams zu treffen, endgültige Zusage für die Unterbringung zu geben, Anfrage an die polnische Botschaft zu richten, wegen des mitzuführendem Werkzeugs und Geräts.
Am Mittwoch, 22. April 1998, brachen wir in zwei Pkw nach Hinterpommern auf. In Buchholz, Kreis Neustettin, wo ich drei Zimmer bestellt hatte, bezogen wir für die Dauer unseres Arbeitseinsatzes Quartier.
Als wir am nächsten Tag den Friedhof in Grünewald erreichten, bot sich unseren erstaunten Augen folgendes Bild: Der Hauptweg lag von Sträuchern befreit vor uns, die Auswüchse an den Linden, die links und rechts dieses Weges stehen, waren zurückgeschnitten und das rechte Gräberfeld bereits von störendem Strauchwerk befreit. Wie groß wirkte jetzt der Friedhof! Auf einigen Gräbern lagen Kunststoffblumen, einige Grabeinfassungen trugen bunte Schleifen. Uns umgab eine freundliche, friedliche Atmosphäre.
Die Gemeinde hatte uns schon viel Arbeit abgenommen, doch für uns war noch reichlich zu tun.
Mit gutem Schuhwerk bestückt (ist auch heutigen Besuchern wegen der noch aus dem Boden ragenden Strauchstoppeln zu empfehlen) und den nötigen Gerätschaften ausgerüstet, begannen wir die Arbeit.
Gerhard und Jürgen machten das Eingangstor frei und gängig. Irma, mit Rosenschere, Drahtbürste und vorbereiteten Unterlagen ausgerüstet, begann mit der Registrierung der Gräber. Horst und ich nahmen zunächst die Maße des alten Friedhofes auf. Er hat eine Tiefe von 101 m und ist 53 m breit (links und rechts neben dem 3 m breiten Weg liegt je ein Gräberfeld von 25 m Breite). Gesamtfläche: 5.353 Quadratmeter, entspricht etwa ½ Hektar oder 2 Morgen.
Wir stellten an Hand der Kreuze fest, daß der Friedhof ab 1897 belegt wurde. In einer Reihe sind 15 bis 17 Gräber angeordnet. In Familiengräbern, meistens mit einem Eisengitter umgeben, sind bis zu vier Plätze vorgesehen. Offensichtlich waren darin noch nicht alle belegt worden. Jüngere Gräber sind zum Teil mit rechteckigen Betonsteinkränzen eingefaßt, die sich unten trapezförmig erweitern. Auf den meisten Gräbern stehen gußeiserne Kreuze in vielen verschiedenen Formen, zum Teil noch mit gut erhaltener Goldschrift und Goldumrandung versehen. Viele trugen schwarze Dickglasplatten mit sandgestrahlten Inschriften, andere kleine ovale Porzellanplatten, schwarzbeschriftet, die Anfangsbuchstaben meist mit Gold umrandet. Die Beschriftung auf den Tafeln ist noch wie neu. Nur zwei dieser Platten waren noch voll erhalten. Die anderen waren zerbrochen, die Bruchstücke lagen manchmal bis zu 40 cm tief im Boden. Aus den zusammengelegten Teilen konnten die gesuchten Daten für die Registrierung gefunden werden. Die Tafeln blieben auf den zugehörigen Grabstellen liegen. (Anmerkung: Was soll aus den Gedenktafeln werden, die nun auf den Grabstellen liegen?).
Diese Arbeit war sehr zeitraubend. Dünne Suchnadeln wären dafür besser geeignet gewesen, als unsere Brechstangen.
Ab Reihe 15 des rechten Gräberfeldes sind viele Grabstätten mit einem nachgebildeten, abgestorbenen Baumstamm aus Betonstein versehen. Diese trugen ehemals auch Gedenktafeln, die wir leider nicht finden konnten.
Im vorderen Teil des Friedhofes lösten Betongrabsteine die gußeisernen Kreuze weitgehend ab.
Umgefallene Kreuze mußten aufgerichtet und eingesetzt werden - manche waren von den Steinsockeln gebrochen und lagen bis zu 30 cm tief im Erdreich, von Efeuranken, Gehölzwurzeln und kleinen Sträuchern überwachsen. Die meisten der umgestürzten Kreuze und Steine waren in die eingesunkenen Gruften gefallen, was das Bergen und Aufstellen erheblich erschwerte - ein Kraftakt für Jürgen und mich. Manchmal mußten auch die anderen hierbei mithelfen.
Auffallend war, daß ab der Mitte zur jüngeren Belegungszeit hin, (ca. ab 1916) mehr Kreuze umgefallen waren als in den hinteren Lagen. Der Grund ist sicher darin zu suchen, daß die Gruften erst nach Verlassen der deutschen Bevölkerung einsackten und dadurch die Kreuze, Steine und Säulen ihren Halt verloren und umstürzten. Drei Grabeinfassungen aus Eisengitter wurden offensichtlich entwendet. Einige Kreuze sind in Bäumen eingewachsen.
Am ersten Arbeitstag konnten wir in 11 Reihen etwa 90 Gräber herrichten bzw. registrieren.
Von der Arbeit des Vortages noch ein wenig angeschlagen, beginnen wir heute mit der 12. Reihe. Wir stellten fest, daß in diesem Teil des Friedhofes mehr Kreuze zu suchen und aufzurichten waren, als in den Reihen zuvor. Dennoch konnten wir bis zum Abend 12 Reihen bearbeiten, aber 43 Gräber wegen fehlender Hinweise namentlich nicht registrieren.
An diesem Tag fand auch die Beisetzung eines Polen mit großem Geleit auf dem polnischen Teil des Friedhofs statt. Wie wir später hörten, wurde für ihn die übliche Trauerfeier in der Kirche nicht gehalten, da er diese zu Lebzeiten nur selten besuchte.
Für Samstag, den 25.04., hatte der Wetterbericht Regen und Gewitter gemeldet. Doch wir hatten Glück, es blieb trocken. Bis Mittag wollten wir das rechte Gräberfeld geschafft haben. Acht Reihen mußten wir noch durcharbeiten, keines der Denkmäler stand mehr. In der letzten Reihe waren fast nur Grabsteine, und diese lagen besonders tief in den Gruften. Natürlich lag immer die beschriftete Seite unten. Aber mit drei, manchmal auch mit vier Mann, konnten wir die schweren Steine auf den richtigen Platz legen oder stellen. Gegen 13.00 Uhr hatten wir unser gestecktes Ziel erreicht, der rechte Teil des Friedhofes war bearbeitet.
Aus der Tatsache, daß die letzten Gräber des rechten Gräberfeldes aus dem Jahr 1938 stammten, u. a. von Julius Ott und Otto Kasulke, schlossen wir, daß die danach Verstorbenen auf dem linken Gräberfeld beigesetzt wurden. Außer 9 Reihen Kinder- und drei Familiengräbern war aber kein Hinweis auf weitere Grabstellen zu finden. Wir gehen davon aus, daß diese Gräber eingeebnet, die Kreuze und Grabsteine entfernt wurden. Hier liegt noch Aufklärungsbedarf vor. Wir bitten um Ihre Mithilfe!
Der Friedhofsplan, mit registrierten Gräbern, kann bei Jürgen Abraham angefordert werden, bitte über den Kontakt im Impressum. Auch Bilder über den Einsatz des "Arbeitskommandos" und vieler Kreuze können bei uns bestellt werden.
In der Gemeinde Grünewald liegen noch zwei ältere Friedhöfe, deren Lage noch gut zu erkennen ist. Auf dem jüngeren der beiden fanden wir drei Kreuze mit lesbaren Inschriften und ein Kreuzteil, 20 cm tief in der Erde gelegen, mit der Inschrift: Lehrer Christlieb Vanselow, Jan. 1789, Okt. 1870.
Außerdem fanden wir ein Steinkreuz, noch stehend und ein weiteres im Boden liegend. Leider sind beide ohne Inschriften. Viele Grabeinfassungen aus Stein und Steinsockel mit abgebrochenen Gußstahlkreuzen markieren deutlich die Gräber. Am Fuß der Grabkreuze steht folgender Herstellername: Carl Tesch, Cöslin. Auf den neueren Kreuzen, Steinen, Gedenktafeln und Einfassungen ist der Name Karl Tesch bzw. Emil Tesch, Köslin zu lesen. Wer kann über diese Firma Auskünfte geben?
Zum Schluß möchte ich noch die uns gewährte Gastfreundschaft und die Aufmerksamkeit des Schuldirektors und fünf weiterer polnischer Familien lobend erwähnen, die uns zum Mittagessen einluden und auch mit Kaffee und Kuchen bewirteten.
Der Schuldirektor besuchte uns mehrmals auf dem Friedhof und bot uns weitere Hilfe an. So will er auch das Friedhofstor streichen und das von uns geschnittene Strauchwerk abfahren lassen. Der "Räumeinsatz" polnischer Arbeiter und Schüler wurde dem Schuldirektor mit einem Betrag von DM 120,- zur Beschaffung von Lehrmaterial vergütet.
Aber ohne die großen und kleinen Unterstützungen einiger ehemaliger Bürger und den Arbeitswillen unseres Teams wäre die hinter uns liegende Arbeit nicht möglich gewesen.
Allen Beteiligten sage ich herzlich Danke.
Euer Ernst Mielke